Ermittlungen (10): Wer ist der Täter?

Die Jagd auf den Düsseldorf Serienmörder blieb im November 1929 erfolglos. Weder die Mörderbriefe noch die Personenbeschreibungen lieferten heiße Spuren, selbst ein Hinweis eines ehemaligen Gefängnisgenosssen  führte nicht zum Erfolg. Anfang des Jahres 1930 veröffentlichte man eine Sondernummer des Kriminal-Magazins, aus der hier auch schon zitiert wurde, um die Bevölkerung zu informieren und zur Mitarbeit anzuregen. Es erschien ebenfalls eine Sondernummer des Deutschen Kriminal-Polizeiblattes [1]. Auch Ernst Gennat stellt die Frage nach dem immer noch nicht gefassten Täter in den Kriminalistischen Monatsheften im Jahr 1930. Im Nachwort des Kriminal-Magazins wird der Sinn der Publikation der Verbrechen erklärt:
„Diese Sonderausgabe des Kriminal-Magazins erscheint, weil es geboten ist, nicht nur im Rheinland, sondern in ganz Deutschland auf das Treiben des Düsseldorfer Massenmörders aufmerksam zu machen. […] Um den Düsseldorfer Massenmörder zu fassen, braucht man an besonderer, an wichtigster, an allererster Stelle die Mitarbeit der großen Masse. […] Wir schließen mit dem nochmaligen Aufruf an alle:
‚Helft den Düsseldorfer Mörder unschädlich machen!‚“[2]
In der Zusammenfassung der Erkenntnisse stellt das Kriminal-Magazin fest, dass der Täter „in erster Linie Kinder und Frauen“ angreift. Die Mehrzahl der Überfälle auf Frauen geschehe mit einem Schlagwerkzeug, während Kinder mit dem Messer angegriffen werden. Er verfüge beim Überfall über eine „geradezu meisterliche Gewandheit“. Seine weiblichen Opfer suche er im Milieu der Hausangestellten, bei Prostituierten oder Frauen, die „für außerehelichen Verkehr zu haben sind.“ Das Kriminal-Magazin vergleicht ihn in diesem Punkt mit Jack the Ripper. Als Zeitraum wird das Wochenende festgestellt, zwischen Donnerstag Abend und Sonntagabend, ab 7 Uhr abends bis 2 Uhr in der Nacht. Das hauptsächliche „Mordgebiet“ liegt zwischen dem Kern Düsseldorfs und den später eingemeindeten Vororten Grafenberg und Eller. In diesem Gebiet östlich von Flingern sind die Straßen und Wege noch nicht erschlossen, hier gibt es Bahndämme, Schrebergärten, Fabriken und industrielle Anlagen. Straßenlampen sind nicht vorhanden. Das Kriminal-Magazin stellt fest, dass der Mörder ein Sexualverbrecher und auch ein Fetischist sei, da er die Handtaschen und Hüte der Opfer mitnehme, aber er sei zu schlau, sie zu behalten. Entgegen früheren Überlegungen war das Magazin nun davon überzeugt, dass der Täter ein Alleingänger war und keinen weiblichen Zuträger für die Kindermorde hatte, worüber ein Zeitlang spekuliert wurde. Über seinen Stand erklärte man, dass er vielleicht ein selbstständiger Gewerbetreibender sei, vielleicht auch ein Spezialarbeiter. Sein Motiv sei nicht der Raub, sondern „Lust und Gier“. Das Kriminal-Magazin vermutet auch, dass der Mörder einen Kraftwagen oder ein Motorrad besäße, da er so schnell vom Tatort verschwände.[3]
Ernst Gennat „ergänzt“ einige Annahmen in den Kriminalistischen Monatsheften. So geht man davon aus, dass  der Mörder Ortskenntnis in Düsseldorf besitzt, ist sich aber nicht sicher, ob auch in der Stadt wohnt. Man verfolge ebenfalls den Hinweis im ersten Mörderbrief, wo er vom „Landsmann Gennat“ spricht, dass der Täter aus Berlin oder Ostpreußen stammen könne. Man geht außerdem davon aus, dass der Täter zwischen dem 11.August 1929 (Mord an Maria Hahn) und dem 7.November 1929 (Mord an Gertrud Albermann) in ein „Stadium des Blutrausches“ gekommen sei. Eine Geisteskrankheit schließt Gennat aus und führt als Beweis die Klarheit und Genauigkeit der Mörderbriefe an. Der Kriminalist geht auch davon aus, dass es den Mörder immer wieder zu den Tatorten hinziehe und er deshalb das Grab der Maria Hahn Preis gab, um sich selbst zu schützen.[4]
„Die Ermordung der kleinen A. ist die letzte vom Täter bisher bekannte Tat, -sein Brief vom 8.11.1929 – sein letztes (bekanntes) Lebenszeichen. […] Hat der Täter die Gegend verlassen? Ist er erkrankt, verstorben? Vielleicht durch Selbstmord aus dem Leben geschieden? Befindet er sich im Gefängnis? In einer Nervenheil- und Pflegeanstalt?“[5]
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[1] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.62.
[2] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.37 (Hervorhebung im Original).
[3] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.28 ff.
[4] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.62ff.
[5] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.62.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.